Saxophon lernen bei

Florian Walter

Saxophon (Alt, Tenor, Sopran(ino) & Bariton) von Jazz über elektronische Musik bis hin zu Metal

Florian ist ein vielseitiger Saxophonist zwischen aktuellem Jazz, Elektronischer Musik und Metal.  Er ist weltweit tätig.

Porträt von Florian Walter (Foto: Dana Schmidt)

Credits: Dana Schmidt

Standort

Regensdorferstrasse 70
8049 Zürich

Instrument

Saxophon

Musikstil

Contemporary Jazz, Free Jazz, Improvisierte Musik, Neue Musik, Elektronische Musik, Rock und Metal

Niveau

Anfänger, Fortgeschrittene und Master

Sprache

Deutsch und Englisch

Alter

Florian Walter unterrichtet Schüler*innen ab 14 Jahren

Interview mit Florian Walter

Welche*r Musiker*in hat dich am meisten beeinflusst?
Ich habe etwa zur gleichen Zeit drei Alt-Saxophonist*innen für mich entdeckt, die mich sehr beeindruckt haben und bis heute begleiten:

Kenny Garrett, den ich bis heute für seinen breiten, auf spezielle Weise singenden und holzigen Sound bewundere. Über Jahrzehnte hat er als Sideman in wichtigen Jazzbands gespielt, u.a. bei Miles Davis, und daneben auch immer in völlig anderen Kontexten gespielt, z.B. im Hip-Hop oder Pop, aber immer mit seinem ganz eigenen Sound und ohne sich zu verstellen.

John Zorn hat mich mit seinem Ansatz, Jazz ganz selbstverständlich mit völlig anderen Stilen wie Metal, Harsh Noise, Filmmusik, aber auch traditioneller jüdischer Musik und Folklore zu verbinden, extrem beeinflusst. Leider ist es viel zu oft so, dass Genres wie Schubladen begriffen werden, aus denen man nicht ausbrechen darf, oder die nicht miteinander vermischt werden dürfen. Ich empfand es daher als sehr befreiend zu hören, dass es auch anders geht, zumal ich selbst auch sehr gern unterschiedliche Musik höre, nicht nur Jazz. Da ist es doch ganz natürlich, sich auch in unterschiedlicher Musik auszudrücken.

Sandra Weckert ist vielleicht nicht ganz so bekannt, war aber die erste Jazzmusiker*in aus Europa, die ich bewusst als solche gehört habe und die mich deshalb geflasht hat, weil sie so eine eigene Stimme hat, die ich zu der Zeit sonst nirgends gehört habe. Ein ironischer, sehr selbstreflektierter Ansatz in der Musik, viel Humor und gleichzeitig ein grosses Selbstbewusstsein, so dass man auch ihre Musik nicht wirklich in eine Schublade einordnen kann, weil sie sich immer wieder neu erfindet. 

Was kannst du mir auf deinem Instrument besser beibringen als alle anderen Lehrer*innen?
Da ich viele Jahre im Theater und mit Tänzer*innen gearbeitet habe, ist mir die Arbeit mit und am Körper ganz besonders wichtig. Ich denke, dass ich hier viele Dinge vermitteln kann, die im Saxophonunterricht sonst oft keine Rolle spielen. Das bedeutet nicht nur eine gesunde Haltung beim Spielen, sondern hat auch viel mit der Präsenz auf der Bühne, dem Selbstvertrauen, aber auch dem bewussten Umgang mit den eigenen (vermeintlichen) „Schwachstellen“ zu tun. Nach einer grösseren Operation am Rücken musste ich z.B. einen neuen Weg finden, gut mit dem Gewicht des Instruments umzugehen und mit einem verkleinerten Lungenvolumen zu arbeiten. Dabei helfen Standard-Lösungen nicht wirklich weiter, und in gewisser Weise bin ich darüber Experte für individuelle körperliche Bedürfnisse geworden.

Musikalisch kann ich Dir besonders gut beibringen, wie Du Deinen eigenen künstlerischen Stil findest, beispielsweise also in Bands spielst (oder Deine eigene gründest), die nicht in der üblichen Jazzbesetzung aufgestellt sind oder eigentlich ganz andere musikalische Einflüsse haben. Du magst den Sound vom Saxophon, willst aber gleichzeitig auch Metal, Hip-Hop oder Techno spielen? Dann bist Du bei mir genau richtig!

Wie hast du dein Instrument spielen gelernt?
Vor dem Saxophon hatte ich schon Blockflöten- und Klavierunterricht gehabt, eigentlich war Saxophon gar nicht so in meinem Interessensbereich. Aber weil ich ziemliche Probleme mit der Lunge und dem Rücken hatte (und immer noch habe), schlug meine Mutter vor, das doch mal zu versuchen, ein bisschen wie einen sportlichen Ausgleich quasi. Scheinbar war ich einigermassen talentiert, deshalb war ich bis kurz vor dem Schulabschluss ehrlich gesagt eher etwas faul, was das Üben anging – irgendwie hat es auch so gereicht. Aber dann habe ich mit 16 oder 17 ein Konzert von Kenny Garrett (s.o.) gesehen und das hat mich völlig umgehauen, ab dann hab ich wie besessen geübt, weil ich auch so spielen wollte. 

Wie gehst du vor, wenn du selber einen Song schreibst oder ein Stück komponierst?
Sehr mathematisch. Ich brauche immer einen Grund, also eine sehr starke Idee. Meistens sind das interessanterweise Titel, sehr konkrete Aussagen, die ich in der Musik ausdrücken möchte, die ja eigentlich total abstrakt ist. Mein Weg ist daher, die Aussage in kleinen Einheiten so gut wie möglich zu codieren, in Rhythmen oder bestimmten Tonfolgen, das ist natürlich sehr subjektiv, aber ich kann normalerweise bei jedem Ton in meiner Komposition erklären, warum er wichtig ist. Meistens baue ich mir dafür ein klares System, mit dem ich diese Einheiten zu einem grossen Konstrukt verbinde.

Häufig kommt die Melodie bei mir eher zum Schluss, wenn ich genau weiss, wie die harmonische und rhythmische Struktur des Stückes funktioniert, also sich die Atmosphäre anfühlt. Manchmal glaube ich, eine leichte Form von Synästhesie zu haben, also z.B. mit bestimmten Gefühlen auch Farben, mit bestimmten Tönen auch Formen zu verbinden. Vielleicht ist mir deshalb die grössere Form so wichtig, auf der sich dann die kleineren melodischen Fragmente verteilen können. Lustigerweise sagen Freund*innen von mir oft, dass ich viele Ohrwürmer schreibe, was gar nicht meine Absicht ist. Aber vielleicht liegt das daran, dass die Stücke im Kern eine sehr stabile Architektur haben. 

Auf welchem Equipment spielst du heute?
Mein Hauptinstrument ist das Altsaxophon, einfach weil ich darauf angefangen bin und es sich für mich immer noch am natürlichsten anfühlt. Auf diesem Instrument kann ich mich am besten ausdrücken und komme in fast allen Kontexten bestens klar. Daneben spiele ich aktuell vor allem ein spezielles Kontrabasssaxophon, das Tubax, eine recht neue Erfindung (s.u.) mit ganz speziellem Sound. Vor allem Solo spiele ich es besonders gern, weil es noch so viel zu entdecken gibt und man bei guter Akustik den ganzen Raum zum Schwingen bringen kann. Es kann aber auch sehr elektronisch und perkussiv klingen, weshalb es häufig meine erste Wahl ist, wenn ich in Ensembles mit viel Schlagzeug, Streichinstrumenten und Elektronik spiele. Ausserdem spiele ich eine Kontrabassklarinette, die ebenfalls sehr tiefe Töne produzieren kann, dabei aber viel feiner und komplexer im Klang ist. Diese setze ich gern in kammermusikalischen Situationen ein, und mit anderen Blasinstrumenten. Wenn es um rein elektronische Musik geht, spiele ich gern ein EWI (Electronic Wind Instrument), das ich selbst neu programmiert habe. Mit diesem kann ich alles mögliche in Klang umsetzen, teilweise nutze ich es wie ein DJ die Turntables. Und dann habe ich noch ein eigenes Instrument entworfen und bauen lassen, das sogenannte Hechtyphon. Hierbei handelt es sich um eine Mischung aus Trompete und Saxophon, mit vier Trichtern, die in unterschiedliche Richtungen zeigen. Ein sehr spezielles Instrument, das besonders zur Geltung kommt im Zusammenhang mit grösseren Räumen und Klanginstallationen, immer wieder aber auch mit Tanz und Theater, weil es gleichzeitig Instrument und Kunstwerk ist. 

Welche persönliche Eigenschaft hat dir beim Üben am meisten geholfen?
Es klingt vielleicht etwas zu einfach, aber: Ein klares Ziel und Disziplin. Das bedingt sich aber gegenseitig, denn wenn das Ziel gut gesteckt ist, ist es auch mit der Disziplin viel einfacher. Ich glaube, dass ich für mich eine gute Balance aus „viel Wollen“ und einem gesunden Realismus gefunden habe. Deshalb stecke ich mir Ziele, die vielleicht etwas zu weit weg sind, aber nicht völlig unrealistisch, so dass man sie mit viel Arbeit gerade eben noch erreichen kann. Frustration entsteht daher eher selten, und gleichzeitig bin ich wirklich stolz, wenn ich einen Meilenstein erreicht habe, weil ich weiss, wie viel Arbeit es war und die Disziplin sich gelohnt hat.

Was hat dein Instrument, was andere nicht haben?
Ich spiele relativ viele verschiedene Instrumente, aber eine Sache haben viele von ihnen gemeinsam – ich habe sie (teils ziemlich wild) umgebaut und modifiziert, so dass sie mir dabei helfen, genau das auszudrücken, was ich möchte. Instrumente sind für mich wirklich genau das: ganz persönliche Werkzeuge. Und was für andere funktioniert, muss überhaupt nicht für mich funktionieren. Sicherlich ist es wichtig, ein „gutes“ Instrument zu haben, am Ende mache ich jedoch den Sound mit meinem Körper, und das ist mir auch sehr wichtig, im Unterricht zu vermitteln. Generell mag ich aber Instrumente, die eine Geschichte haben. Entweder, weil sie sehr alt sind und schon viele Bühnen dieser Welt gesehen haben – oft habe ich das Gefühl, ein wenig von diesen Geschichten mitzuzählen zu können. Es gibt aber auch ganz spannende neue Instrumente, vielleicht weil man die Person kennengelernt hat, die sie von Hand gebaut hat. Mein Altsaxophon kommt beispielsweise von Thomas Inderbinen aus Aarau, da habe ich natürlich einen anderen Bezug als zu einem Instrument, das von einem Roboter gestanzt wurde. Ich spiele ausserdem zwei tiefe Instrumente (Kontrabasssaxophon und Kontrabassklarinette) von Benedikt Eppelsheim aus München, der leider verstorben ist. Beide sind fantastische Instrumente, die mich aber zugleich auch an viele beeindruckende Gespräche erinnern, und an einen Menschen, der diese Instrumente neu erfunden hat. 

Worauf achtest du dich besonders beim Unterrichten?
Besonders wichtig ist mir, einen individuellen Zugang zum Instrument zu vermitteln, der die Schüler*innen dazu befähigt, selbstständig und nachhaltig weiterzuarbeiten und -forschen, auch nach dem Unterricht. Zentrale Themen sind dabei Körperarbeit und Klangvorstellung. Da das häufig sehr abstrakte Formulierungen sind, und vielleicht auch nicht Jede*r einen intuitiven Zugriff darauf hat, arbeite ich sehr gern mit Bildern, die wir gemeinsam entwickeln und ausprobieren. Ich habe damit grossartige Erfahrungen gemacht, weil dieser Ansatz ganz unverkrampft ist und sich gar nicht erst auf eine „Richtig/Falsch“-Logik einlässt. Genauso wie über das Körpergefühl gibt es endlose Möglichkeiten, über Klang zu sprechen, von ganz technisch hin zu sehr philosophisch. Ich freue mich darauf, hier gemeinsame Begriffe zu finden und vielleicht auch ganz neue zu erfinden. 

Ganz besonders wichtig ist mir ausserdem, zusammen die Unterrichtsziele zu formulieren und einen langfristigen, realistischen Plan zu entwerfen. Auch das kann sehr individuell sein, von „ich möchte jemandem zum Geburtstag einen besonderen Song vorspielen“ hin zu „ich möchte in einer Bigband spielen können“ oder „ich möchte vom Musizieren leben“. Entscheidend ist, dass nicht ich als Lehrer die Ziele vorgebe, sondern Du selbst entscheidest, wohin Du möchtest! Gemeinsam schauen wir dann, wie der Weg dorthin aussieht und welche Etappenziele es braucht. 

Wie baust du deine Musikstunden auf?
Kurze Rekapitulation vom letzten Mal und dann schauen wir, welche Schwierigkeiten beim Üben seit der letzten Stunde aufgetaucht sind. Daraus entwickeln wir dann neue, kleine Übeeinheiten und schaffen so im Laufe der Zeit eine Art „Übekatalog“, ganz individuell auf Deine Bedürfnisse zurechtgeschnitten. Viel Zeit bekommt bei mir im Unterricht ausserdem das Zusammenspiel: entweder spielen wir im Saxophon-Duo oder ich begleite auf dem Klavier – Playalongs können beim Üben zuhause helfen, aber in der Stunde wollen wir gemeinsam Musik machen, denn dafür lernen wir das Ganze ja. Ausserdem versuche ich in jeder Stunde mindestens einmal gemeinsam zu improvisieren, also ohne Noten zu spielen. Entweder im Stile eines bestimmten Stücks, nach einem selbstkomponierten System oder ganz frei. Am Ende schauen wir kurz, wo wir mit Blick auf unser grösseres Ziel aktuell stehen und vereinbaren, was bis zur nächsten Stunde geübt werden soll. 

Wie gehst du bei Kindern vor?
Nicht nennenswert anders als bei Erwachsenen, da ich generell immer sehr individuell unterrichte und meinen Unterricht komplett auf die Person abstimme, die ich vor mir habe. Wir besprechen gemeinsam die Ziele, und meine Aufgabe ist es, einen Weg zu diesem Ziel zu formulieren und zu begleiten. Kinder und Erwachsene bringen dabei meistens sehr unterschiedliche Fragen und Voraussetzungen mit, ich nehme diese in jedem Fall ernst und versuche den Weg genau so zu bauen, dass es immer wieder Herausforderungen gibt, an denen man sich abarbeiten muss, die aber nie so gross sind, dass es frustrierend wird.

Was war bis anhin dein tollstes Erlebnis als Musiker?
Da gibt es (zum Glück) nicht nur eines, sondern etwas, das sich gelegentlich wiederholt, aber auch nicht zu oft, so dass es diesen magischen Moment behält: Wenn man zusammen improvisiert, und diese kleinen Augenblicke entstehen, wo sich zwei oder mehr Musiker*innen vollständig synchronisieren, als wenn man in dem Moment exakt das gleiche denkt, fühlt und tut. Ich habe das mehrfach mit der Pianistin Rieko Okuda erlebt, mit der ich oft zusammen spiele: Wir spielen ohne Pause, sehr dicht, laut und energetisch für 30, 40 oder 50 Minuten, und auf einmal hören wir beide genau zusammen auf, ohne jede Absprache, ohne sich vorher anzuschauen, einfach weil wir beide in dem Moment wissen: hier muss es jetzt vorbei sein. Kürzlich habe ich so etwas auch mit dem Schlagzeuger Jo Beyer erlebt: Wir haben quasi ein ganzes Stück zusammen unisono improvisiert, über Minuten war jede Linie, jede Pause exakt zusammen, als hätten wir es perfekt einstudiert. Am Ende mussten wir sogar auf der Bühne anfangen zu lachen, weil es so ein gutes Erlebnis war.

Welches war die grösste Bühne, auf der du gespielt hast?
Das ist noch gar nicht so lang her, im September 2024: Wir waren mit unserem Trio „Malstrom“ auf Tournee in China und haben ein Konzert vor etwa 3.000 Menschen in Guiyang gespielt, auf einer riesigen Open-Air-Bühne. Unsere Musik ist wirklich alles andere als Mainstream und ich war unglaublich gerührt, wie begeistert und offen wir dort empfangen wurden. 

Mit welcher*welchem Musiker*in würdest du gerne einmal spielen?
Ich bewundere die Musikerin und Produzentin Laurel Halo dafür, wie sie sie eine eigene elektroakustische Klangwelt geschaffen hat. Es wäre noch eins meiner Lebensziele, einmal mit ihr arbeiten zu dürfen. 

Welche eine Platte würdest du auf die einsame Insel mitnehmen?
Eigentlich antworte ich darauf immer mit „Quarantine“ von Laurel Halo, aber sie hatte ich ja jetzt schon – alternativ „Illinois“ von Sufjan Stevens. Ich war immer grosser Fan von Konzeptalben, die eine grössere Geschichte erzählen, und „Illinois“ ist wirklich episch, was das angeht. Viele kleine, biografische Geschichten, in denen man sich verlieren kann, gleichzeitig grosse orchestrale Besetzungen und ganz intime Passagen, und eine wunderschöne Dramaturgie mit bombastischen bis hin zu todtraurigen Stücken.

Auf welcher Bühne würdest du am liebsten spielen oder spielst du am liebsten?
Ehrlich gesagt ist mir die konkrete Bühne wirklich nicht wichtig, entscheidend ist, dass vor der Bühne Menschen sitzen, die offen für die Musik sind und Lust haben, gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Ich habe fantastische, tief bewegende Konzerte auf winzigen Bühnen vor weniger als 50 Leuten gespielt – und genauso vor vielen Hundert Menschen, ohne dass der Funke übergesprungen ist. Allerdings mag ich es sehr gern, wenn die Bühne so gestaltet ist, dass es die Musik ideal unterstützt: Licht spielt eine grosse Rolle, aber auch eine freundliche Ansage von der Veranstalter*in. Und ich möchte das Publikum sehen – die Moderation während des Konzertes ist für mich sehr wichtig, und da hilft es, wenn man seinem Gegenüber in die Augen schauen kann.

Was ist neben der Musik noch wichtig in deinem Leben?
Es ist mir unglaublich wichtig, mich so oft wie möglich in neue Situationen zu begeben, etwas Neues zu lernen und Menschen zu begegnen. Reisen und alle Arten von Kultur stehen deshalb ganz oben auf der Liste. Ausserdem koche ich genauso gern selbst, wie ich Essen gehe, besonders auch hier neue Gerichte und Geschmäcke, die ich ich noch nicht kenne.