Welche*r Musiker*in hat dich am meisten beeinflusst?
Da kann ich nicht eine einzige Person nennen. Ich glaube, die Summe von allen Künstler*innen, mit denen ich gearbeitet habe, haben mich beeinflusst. Du kannst von jeder Person etwas lernen und dich inspirieren lassen.
Was kannst du mir gesanglich besser beibringen als alle anderen Lehrer*innen?
Mein Unterricht ist dein Spielplatz. In unserer Lektion kannst du raus aus deinem Alltag und rein in die Musik: Wir finden zusammen heraus, was dich als Künstler*in ausmacht, wo deine Stärken liegen, was dich inspiriert und wie du dich mit deiner Stimme ausdrücken kannst. Ich bringe dir bei, deine Stimme gesund einzusetzen - egal für welchen Klang du sie brauchst. Da gehört Stimmbildung, Stimmhygiene und Körperarbeit mit dazu. Du lernst, deine eigene Interpretation für Text und Musik zu finden und deine Stücke ausdrucksstark zu performen.
Wie hast du singen gelernt?
Während meinem Studium habe ich so viel geübt. Ich konnte stundenlang an einer Phrase feilen, Übungen machen, mich ganz genau auf meine Zungenstellung beim A-Vokal achten, meinen Gaumen, meinen Sitz…Das ist alles super wichtig für die Technik und wenn man Profi-Sänger*in werden will, braucht es auch diesen Willen zur Perfektion. Aber ich glaube wirklich singen gelernt habe ich erst, als ich angefangen habe, mich der Musik und den Texten hinzugeben. Als ich aufhörte, unbedingt perfekt singen zu wollen. Denn die Stimme ist ein so vielfältiges und intuitives Instrument: Wenn jemand aus dem Herzen singt, dann berührt die Stimme ganz tief.
Auf welchem Equipment spielst du heute?
Auf meiner Stimme, meinen Körper und einem Casio E-Piano.
Welche persönliche Eigenschaft hat dir beim Üben am meisten geholfen?
Anfangs meine Disziplin, weil ich dadurch sehr genau arbeiten konnte und beständig war. Später meine Selbstfürsorge: Ich lernte, lieb mit mir zu sein, wenn etwas nicht ging.
Was hat dein Instrument, was andere nicht haben?
Jede Stimme ist so einzigartig wie der Mensch, dem sie gehört. Stell dir vor: So wie dein Kopf gebaut ist, wie gross deine Zunge, dein Mund oder deine Nase ist - dein ganzer Körper macht aus, wie du klingst. Das fasziniert mich bis heute.
Worauf achtest du dich besonders beim Unterrichten?
Für mich steht an allererster Stelle, dass der Unterricht ein sicherer Raum ist. Ich wünsche mir, dass du dich alles traust, was du ausprobieren möchtest: Während dem Gesangsunterricht soll es “falsch” nicht geben. Der kritischen Stimme, die wir alle haben, geben wir in unserer Lektion nicht zu viel Platz. Deshalb wähle ich auch gerne Stücke mit dir aus, die dich mit dem Text und der Musik inspirieren. Wenn du dich wirklich der Musik hingeben kannst, dann sind “Fehler” nebensächlich. Ich versuche mit meinem Unterricht eine Insel zu schaffen, wo du für die Zeit Pause machen kannst von deinem Alltag und wieder zur Ruhe und zu dir finden kannst. Deshalb mache ich auch viele spielerische Übungen und Improvisationen. Das hilft beim Loslassen und in den Moment finden. In meiner Erfahrung ist Singen super, um achtsamer mit sich und seinem Körper zu sein.
Wie baust du deine Musikstunden auf?
Zuerst schauen wir zusammen, was du gerade brauchst und was du von der Lektion erwartest. Hast du heute viel Energie? Willst du heute alle deine Songs in einem Mini-Konzert singen? Willst du heute ganz detailliert an der Gesangstechnik arbeiten? Bist du gestresst und willst Achtsamkeitsübungen machen? Brauchst du Hilfe mit der Interpretation einer Textstelle? Mit einigen Schüler*innen habe ich auch ein Ritual, dass ihnen beim Ankommen hilft. Das kann eine Atemübung sein oder ein Spiel. Anschliessend beginnen wir damit, die Stimme und den Körper aufzuwärmen: Das kann z.B so aussehen, das wir zusammen improvisieren, mehrstimmige Loops auf GarageBand aufnehmen, einen Sonnengruss machen, ein Theaterspiel…Dann arbeiten wir an dem Projekt, an dem wir gerade dran sind. In meinem Unterricht gibt es selten ausschliessliche “Technik”-Blocks. Ich integriere die technischen Inputs in die musikalische Arbeit am Stück: Oft kann man über die Musik oder über den Text technische Dinge einfacher erfahren.
Wie gehst du bei Kindern vor?
Kinder haben eine natürliche Neugier und Entdeckungslust. Das will ich in meinem Unterricht unbedingt fördern. Auch bei Kindern habe ich den gleichen Ansatz wie bei Erwachsenen: Sie dürfen immer mitgestalten und der Unterricht orientiert sich an ihren Interessen und Zielen. Vielleicht wollen sie alle Frozen-Songs singen lernen, ein eigenes Lied schreiben oder eine Improvisation mit Tiergeräuschen machen: Das hat alles Platz - Wieso nicht gleich ein kleines Projekt aus dem selbstgeschriebenen Song machen? Ein Musikvideo dazu filmen? In meinem Unterricht sollen sie Musik ganzheitlich erfahren können: Das heisst, wir singen, tanzen, hören zu, finden heraus, komponieren und versuchen herauszufinden, wie vielfältig das Instrument Stimme ist.
Was war bis anhin dein tollstes Erlebnis als Musikerin ?
Für meinem Bachelorabschluss habe ich zusammen mit Freund*innen eine Pasticcio-Oper auf die Beine gestellt. Es war so spannend, das Projekt von der ersten Idee bis zur fertigen Performance durchzuführen. Wir haben alles selbst gemacht: Die Geschichte konzipiert, die Musik ausgewählt, Regie geführt, Stiftungen angefragt, das Bühnenbild…auf der Bühne vor ausverkauftem Publikum zu singen war so ein wahnsinnig tolles Gefühl!
Welches war die grösste Bühne, auf der du gespielt hast?
Im Herbst 2020 durfte ich bei einer Produktion im Luzerner Theater singen. Das war für mich die grösste Bühne und eine wunderschöne Erfahrung.
Mit welcher*welchem Musiker*in würdest du gerne einmal spielen?
Würde sie noch leben, mit der englischen Komponistin Ethel Smyth. Mir gefällt ihre Art zu komponieren und ich glaube, wir würden uns gut verstehen. Sie wäre sicher für ausgefallene Performances zu haben.
Welche eine Platte würdest du auf die einsame Insel mitnehmen?
Keine. Der Klang der Insel ist Musik genug.
Auf welcher Bühne würdest du am liebsten spielen oder spielst du am liebsten?
Immer wenn ich durch die Taubenlochschlucht in Biel spaziere, denke ich mir: Hier würde ich gerne mal ein Konzert veranstalten. Ich mag es, Orte zur Bühne zu machen, die normalerweise keine sind.
Was ist neben der Musik noch wichtig in deinem Leben?
Liebe Menschen, Kreativität und immer wieder die Seele baumeln lassen.