Welche*r Musiker*in hat dich am meisten beeinflusst?
Sehr geprägt haben mich die Beatles, Joni Mitchell, Tom Waits und Janis Joplin.
Die Lieder der Beatles erstaunen mich in ihrer Farbigkeit immer wieder aufs Neue, Joni Mitchells Stimme und Gitarrenspiel gehen mir unter die Haut und Janis Joplins kompromissloser, authentischer Gesang inspiriert und berührt mich. Und Tom Waits ist mit seinem unverkennbaren Gesang einer meiner liebsten Schnulzensänger!
Im klassischen Bereich mag ich Nuria Rials wunderbar natürliches, klares Singen, Ian Bostridges Ausdruckskraft und Barbara Hannigan als starke Persönlichkeit im Bereich der zeitgenössischen Musik.
Was kannst du mir auf deinem Instrument besser beibringen als alle anderen Lehrer*innen?
Einen authentischen Zugang zu deiner ureigenen Stimme. Nach DIR zu klingen und Zugang zu finden zu deiner inneren, lebendigen Ausdruckskraft und deinem Gestaltungsvermögen. Hemmungen zu überwinden und Freude zu empfinden über die Klänge, die du produzierst: Freude am „Tönen“. Improvisation kann ein tolles Mittel sein, der Stimme freien Lauf zu lassen. Es ist erstaunlich, was es auf diesem Weg alles zu entdecken gibt. Da können Klänge und Geräusche aus einem raus kommen, die man nicht für möglich gehalten hätte. Sobald wir Stimme in unseren Atem legen, tönen wir. Unser gesellschaftlich geprägtes Ohr unterscheidet sehr schnell zwischen vermeintlich schön und vermeintlich hässlich. Das ist schade, denn es hemmt und engt ein. Als Ergänzung zu fein aufgebauter Technik, Arbeit am Stimmbandschluss, an der Elastizität und Flexibilität, am Umfang und Volumen der Stimme, der Atemtechnik und der Stütze, kann freies Improvisieren einen fruchtbaren Boden schaffen für authentisches, gesundes Singen, weil man dabei ganz nah bei sich sein kann und in erster Linie mal nicht einer Norm entsprechen muss.
Improvisation kann auf verschiedene Arten in den Unterricht hinein fliessen:
Ich unterrichte freie Improvisation einerseits als Fach, als Auseinandersetzung mit einem sehr interessanten musikalischen Gefäss. Dabei lernt man viel über Ästhetik, über musikalische Grundparameter, darüber, was einem gefällt und was eher nicht, über den eigenen musikalischen Geschmack. Man lernt dosieren, gestalten, musikalische Texturen zu schaffen, man schält Kontraste heraus und „baut“ aus dem Moment heraus eine Musik.
Hier sind auch Instrumentalist*innen herzlich willkommen, die Lust haben, sich auf diesem Feld weiter zu bilden und die mit ihrem Instrument einmal ungewohntere Wege gehen wollen.
Dann gibt es die Art der Improvisation, bei welcher eher im Vordergrund steht, der Stimme freien Lauf zu lassen, Hemmschwellen zu überwinden und ‚einfach mal zu schauen, was kommt‘. Dabei spielen ästhetische Fragen weniger eine Rolle. Es geht primär ums Tönen, ums spielerische Erkunden, ums Tüfteln, darum, neue Erfahrungen zu sammeln, welche die technische Arbeit befruchten und ergänzen können.
Dann gibt es noch das, was ich gerne improvisatorische Herangehensweise nenne: Man nähert sich einem neuen Stück beispielsweise zuerst über eine Improvisation. Bevor man die konkreten Töne und den Rhythmus lernt, nimmt man den Text, den ungefähren Melodieverlauf und einen Vorgeschmack der Stimmung des Stückes und los gehts! Das kann die Interpretation des Stückes nochmals auf eine ganz eigene Art und Weise ‚füttern‘.
Da ich seit 20 Jahren intensiv zeitgenössische Musik interpretiere, kann ich in diesem Bereich auch Gesangsstundent*innen und Berufsleuten viel weiter geben. Zeitgenössische Partituren sind meistens sehr komplex und auch da gibt es hilfreiche, schöne und kreative Tricks für die Herangehensweise, damit es nicht ausschliesslich auf trockene Kopf- und Tischarbeit hinaus läuft.
Ich habe mit fünf Jahren begonnen, rumänische Volkslieder zu singen.
Das hat mich sehr geprägt, einerseits musikalisch und emotional, andererseits hat es stimmlich Weichen gestellt, die bis jetzt jeden Tag für mich von Bedeutung sind. Es ist mir ein grosses Anliegen, mir selber eine gewisse Natürlichkeit und Schlichtheit des Singens, etwas Pures zu bewahren, egal was ich singe. Dies fliesst auch in den Unterricht hinein; insbesondere wenn es um Volkslieder und Songs geht, bei denen andere Dinge im Vordergrund stehen als ein makellos ausgewogener vibrierender Schönklang (etwas überspitzt formuliert…).
Speziell erwähnen möchte ich zudem, dass ich selber vertraut bin mit Nervosität/Lampenfieber. Das ist ein Thema, über welches niemand gerne redet und welches in Musikerkreisen eher tabuisiert wird.
Es bringt nichts, nicht darüber zu reden. Ich kann dir helfen, einen Umgang damit zu finden und im Idealfall können wir Wege finden, die Ängste etwas abzubauen oder anders zu kanalisieren.
Wie hast du singen gelernt?
Ich war fünf. Meine Eltern sangen mir abends rumänische Lieder vor. Eines Abends habe ich spontan mitgesungen und mein Vater meinte, ich könne beim nächsten Konzert seiner rumänischen Volksmusikgruppe mitsingen. Das habe ich einige Jahre gemacht, bis ich in der Pubertät den grossen Drang verspürte, Gesangsstunden zu nehmen und mich auf die Hochschule vorzubereiten.
Auf welchem Equipment spielst du heute?
Den Unterricht begleite ich auf einem alten Pleyel Flügel aus dem Paris der 30-er Jahre. Das Instrument habe ich von einem sehr netten Menschen geschenkt bekommen.
Sowie auf einer Westerngitarre, welche ich auf der Strasse gefunden habe :-))
Manchmal kommt auch meine Geige (eine Stadlmann aus dem 17. Jahrhundert) zum Einsatz oder meine HOHNER Melodica…
Auf der Bühne spiele ich eine SIGMA Westerngitarre, deren Klang ich sehr mag und die gut in der Hand liegt.
Welche persönliche Eigenschaft hat dir beim Üben am meisten geholfen?
Effizienz. Wie viel muss ich üben, damit sich die Stimme entwicklen kann und wie wenig soll ich üben, um die Stimme nicht zu überlasten. Klingt nach einem Luxusproblem, ist aber eine herausfordernde Aufgabe…
Geduld, in kleinen Portionen zu üben. Durchlässige, sanfte Disziplin. Akzeptieren, dass der stete Tropfen den Stein höhlt und es nichts bringt, einmal pro Woche sechs Stunden zu üben. Nebst regelmässigem Dranbleiben braucht es viel Ruhe, Geduld und Loslassen, damit die Stimme sich gesund entwicklen kann. Da ich mit mir selber eher ein ungeduldiger Mensch bin, ist das für mich eine grosse Herausforderung, aber es lohnt sich!
Was hat dein Instrument, was andere nicht haben?
Es gibt wohl kein persönlicheres Instrument als die menschliche Stimme. Das ist wunderschön, weil es direkt aus uns heraus kommt und in den erfüllendsten Momenten unser innerstes Innenleben nach aussen tragen kann. Gleichzeitig ist es anfällig auf all unsere Launen, auf Hochs und Tiefs, Hormone und auf Umwelteinflüsse. Die kleinste Erkältung verändert unsere Wahrnehmung beim Singen. Als Sängerin BIN ich mein Instrument. Das ist etwas ganz Besonderes.
Worauf achtest du dich besonders beim Unterrichten?
Mich voll und ganz auf die Stimme meines Gegenübers einzulassen und darauf, Bedingungen zu schaffen, damit diese sich entfalten kann. Wir alle haben unsere Muster, unsere Haltungen, die wir tagtäglich einnehmen und die sich auch auf die Stimme auswirken. Von aussen sind diese Muster oft relativ schnell sicht- und spürbar. Ich finde es eine schöne und interessante Aufgabe, den Körper in jeder Stunde wieder fürs Singen und Klingen zu aktivieren und den Menschen anzuspornen durchlässig und neugierig für innere Prozesse zu sein.
Unser eigenes Gehör ist beim Singen nicht unser bester Freund. Da wir uns selbst anders hören als jemand von aussen, kann es irreführend sein, den eigenen Klang übers Gehör zu beurteilen. Deshalb finde ich es wichtig, im Unterricht mit der Zeit ein zuverlässiges Gespür dafür zu entwickeln, wie sich gesundes Singen anFÜHLT, nicht anHÖRT. Auch das wieder ein Prozess, der viel Geduld erfordert, aber nachhaltiger wirkt, als wenn wir versuchen, es über das Gehör zu lösen.
Es ist mir wichtig, einen sicheren Rahmen zu schaffen, in welchem hemmungslos ausprobiert werden kann und frisch, selbstwirksam und eigeninitiativ musiziert werden kann.
Wie baust du deine Musikstunden auf?
Gesangsunterricht:
Ich beginne meistens damit, den Körper aufs Singen und Klingen vorzubereiten: dehnen, schütteln, sich selber abklopfen, hüpfen etc… Eine flexibel aufgerichtete Haltung finden. Arme, Schultern, Kopf, Becken, Füsse kreisen, um das ‚Instrument‘ zu wecken, zu schmieren und durchlässig zu machen…
Dann mache ich zuerst feine Stimmübungen bevor es in die vollere Stimme geht und hin zu Übungen für die Höhe und Tiefe, bzw. für das, was bei der jeweiligen Person gerade ansteht. Atmung spielt natürlich bei allem eine wichtige Rolle. Der Atem ist der Boden, die Bahn, welche die Stimme trägt.
Wichtig ist auch, einige Basics zu kennen bezüglich unseres Kehlkopfes. Da unser Instrument in uns drin ist und wir es nicht sehen und berühren können, ist es hilfreich, sich ein Bild machen zu können, wie unser Körper Klänge produziert, bzw. wie unser ‚Gesangsapparat‘ funktioniert.
Improvisationsunterricht:
Sehr unterschiedlich: je nach Thema und Bedürfnis. Vielleicht habe ich viele kleine Instrumente parat gemacht, oder aber wir improvisieren zu einem Bild, mit einem Text, mit einem Rezept oder im Innenleben meines Flügels oder oder. Da sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Was immer dazu gehört ist der Austausch. Der ist unerlässlich, wenn es darum geht, etwas zu vertiefen und sich ein improvisatorisches Repertoire anzueignen. Dabei kann es helfen, einzelne Impros aufzunehmen, damit man sie im Nachhinein besser reflektieren kann.
Was war bis anhin dein tollstes Erlebnis als Musikerin?
Ein sehr besonderes Erlebnis war es, innerhalb eines Projektes mit unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden Ausschnitte aus der Winterreise von Franz Schubert zu singen. In der ungeheizten alten Reithalle Aarau kurz vor dem Umbau. Es war Januar, sehr kalt und wir waren während der Vorstellungen alle in dickste Winterkleidung gepackt. Diese verhältnismässig prekären Umstände haben den Fokus aufs Wesentliche gelenkt.
Welches war die grösste Bühne, auf der du gespielt hast?
Mit 16 habe ich in einigen Konzerten von Stephan Eicher mitgesungen. Das waren zweifellos tolle Erlebnisse auf grösseren Bühnen. Ich weiss nicht mehr, wie gross die waren. Grundsätzlich mag ich aber eher kleinere Bühnen. Ich habe gerne leise Töne und finde es schön, wenn ich die Leute erreichen kann und einen Überblick bewahren kann. Grosse Säle haben etwas Anonymes. Auch mag ich ungewöhnliche Orte und Unorte wie Keller, Heizungsräume, Treppenhäuser, spezielle Ausstellungsräume etc…
Mit welcher*welchem Musiker*in würdest du gerne einmal spielen?
Ich bin gerne mit Leuten auf der Bühne, denen es um etwas geht, die sich hinein knien und tüfteln und über den eigenen Tellerrand schauen. Ich bin glücklich über jede Konstellation, in der dies möglich ist.
Welche eine Platte würdest du auf die einsame Insel mitnehmen?
Tom Waits’ „early years“ bedeutet mir sehr viel.
Auf welcher Bühne würdest du am liebsten spielen oder spielst du am liebsten?
Orte, die man nicht mit Konzertsituationen assoziiert. Zum Beispiel in einer Kehrichtverbrennungsanlage, auf einer grossen Baustelle, in einem Getreidesilo, Treibhaus etc…
Oder konkret: ich singe gerne im Neubad Luzern.
Und im grossen, wunderschönen runden Saal des Atheneums in Bukarest würde ich gerne einmal singen. Die Akustik ist grandios und man hört jeden Ton.
Was ist neben der Musik noch wichtig in deinem Leben?
Yoga, tanzen, Ausflüge und Spielnachmittage mit meinem Sohn, Spaziergänge, lesen, Filme schauen, fein essen, reisen, Brockenhäuser und Flohmärkte, ins Theater gehen, eine gute Zeit mit Freunden verbringen.