Welche*r MusikerIn hat dich am meisten beeinflusst?
Am meisten beeinflusst haben mich meine Mitmusiker*innen und meine Lehrer*innen.
Von berühmten Musiker*innen würde ich folgende hervorheben:
Irene Schweizer: sie imponiert durch ihre Verbindung von freier und traditionsgebundener Musik.
Ella Fitzgerald: ihr Schalk und Genie finde ich unübertroffen.
Chick Corea: seine poetische Seite fasziniert mich und seine pianistischen Verzierungen sind unerreicht gut.
Esbjörn Svensson: Seine Verbindung von Jazz und Pop und die darin kreierten Moods finde ich einzigartig und unwiderstehlich.
Was kannst du mir auf deinem Instrument besser beibringen als alle anderen Lehrer*innen?
Improvisieren ist erlernbar. Den Glaubenssatz ‘ich kann nicht improvisieren’ werden wir spielend-improvisatorisch eliminieren.
Wir feilen zwar je nach Situation eingehend an einzelnen Passagen, aber schlussendlich sind das Gesamtkunstwerk, die Spielfreude und der Ausdruck wichtiger als die Perfektion in den Details.
Wir erarbeiten Musikstücke, die Freude machen sollen. Übungen und Theorie sind dem untergeordnet und stehen immer im Zusammenhang mit den Stücken.
Wie hast du dein Instrument spielen gelernt?
Im Hause meiner Grosseltern gab es Musik-Stubeten, mit Schwyzerörgeli, Akkordeon, Klarinette, Klavier. Grossvaters Klavierspiel – er hatte sehr grosse Hände - hat mir imponiert. Ich habe die Hausmusik mit ‘Bäsele’ (Rhythmus schlagen mit Kelle auf Besen) begleitet und tat dies leidenschaftlich. Dennoch hat es mich dann zum Piano hingezogen, nicht zum Schlagzeug.
Auf welchem Equipment spielst du heute?
Essex Flügel 170: Eine kostengünstige Variante von Steinway. Im Vergleich zum up-right-Piano eine andere Welt und ein tolles Spielgefühl.
Fender Rhodes Piano Mark1 (Elektromechanisches Piano, 70er-Jahre): Ich liebe den glockig-warmen Klang des Fender Rhodes und seine knackig-funkige Anschlagsseite.
Roland RD 2000: Wenn es auf der Bühne kein Klavier hat, ist das Roland E-Piano meine pragmatische, leichte und praktische all-in-one-Lösung.
Welche persönliche Eigenschaft hat dir beim Üben am meisten geholfen?
Beim Üben hat mir am meisten geholfen, dass ich dem intuitiven, spontanen Spielen – jenseits von Struktur, Planung und Technik – stets viel Raum gegeben habe. Dies hat mir erlaubt, die Freude nie zu verlieren und kontinuierlich an der Musik dran zu bleiben.
Den musikalischen Flow-Momenten gebe ich bewusst Raum. Ich vermeide die Ablenkung, suche die Konzentration und die Präsenz im Hier-und-Jetzt.
Und wenn der Flow mal absent ist (und das kommt ja häufig vor), dann hilft mir eine Portion Geduld und Demut, die kleinen Übungs-Fortschritte zu erkennen und zu schätzen.
Was hat dein Instrument, was andere nicht haben?
Das Piano ist sehr vielseitig, hat einen grossen Tonumfang und eine unerschöpfliche Vielfalt von Sounds. Du kannst das Piano als Melodist*in, Harmonist*in und sogar Perkussionist*in spielen. Bei den artverwandten Instrumenten (Keyboard, Orgeln) und beim präparierten Piano gibt es weitere spannende Welten, die Du entdecken kannst.
Mit dem Piano kannst Du alleine spielen aber auch in aller Art von Formationen, von Duo zu bis Big-Band, stilistisch von Jazz über Pop bis Klassik.
Worauf achtest du dich besonders beim Unterrichten?
Ich achte auf die Person, mit der ich es zu tun habe: welches sind ihre Interessen und Kenntnisse, welches ihre Lernaffinitäten und Ziele, welches ihre stilistischen und musikalischen Präferenzen? Atmosphäre und Beziehung sind mir wichtig, diese entstehen durch Aufmerksamkeit und Respekt, durch das gemeinsame Musizieren und Kommunizieren.
Ich achte darauf, Musik auf unterschiedliche Arten zu vermitteln und verschiedene Sinne und ‘Lernmoods’ anzusprechen. Intuition, Emotionalität und Spontanität sind dabei ebenso wichtig wie Intellekt, Reflexion und Rationalität.
Wie baust du deine Musikstunden auf?
Am Anfang suche ich zu erkennen, wo der*die Schüler*in steht und wo wir anknüpfen können. Daraus ergibt sich, ob wir zuerst Fragen beantworten, ein kleines Warmup, eine Übung machen oder direkt mit den Stücken arbeiten.
Das Erarbeiten der Stücke kann beinhalten: Spielen des Stückes (alleine oder zusammen); Gesamtwirkung reflektieren; schwierige Passage besprechen und erarbeiten; Hören von Musik-Beispielen; Verbindungen zur Theorie herstellen; identifizieren der nächsten Schritte; Besprechen von geeigneten Übungsmethoden.
Jede Musikstunde beinhaltet auch Improvisation. Wir improvisieren gemeinsam und wechseln uns in Bass, Harmonie und melodischen Linien ab. Manchmal tun wir dies in einem vorgegebenen Rahmen, manchmal frei.
Zum Schluss der Stunde machen wir einen kurzen Ausblick: an was arbeitest Du bis zum nächsten Mal? Auswahl eines neuen Stückes? Bei Kindern schreiben wir die Hausaufgaben auf.
Wie gehst du bei Kindern vor?
Ich gehe bei Kindern nicht anders vor als bei Erwachsenen, ausser dass die Herangehensweise etwas verspielter ist, die Metaphern und Geschichten etwas kindlicher und die Hausaufgaben klarer definiert sind.
Was war bis anhin dein tollstes Erlebnis als Musikerin?
Anfänglich wollte ich keine Konzerte geben, habe dann mit Widerwillen nachgegeben und mit Lampenfieber mitgemacht. Mit zunehmender Erfahrung hat die Auftrittsangst der Freude und der positiven Anspannung Platz gemacht. Heute bin ich froh um Konzert-Erfahrungen. Die tollsten Momente sind jene, wenn freie, unerwartete musikalische Interaktionen und intensive Dynamiken entstehen und es im Publikum Resonanz und Stimmung gibt.
Welches war die grösste Bühne, auf der du gespielt hast und auf welcher Bühne würdest du am liebsten spielen oder spielst du am liebsten?
Meine Bühnen sind weder gross noch besonders glamourös. Am liebsten spiele ich da, wo aufmerksame Ohren sind, interessierte Köpfe und empfindsame Herzen. Ich erfreue mich an jeder Bühne, sei es für einen einzigen Freund oder einen Saal voller Menschen.
Mit welcher*welchem Musiker*in würdest du gerne einmal spielen?
Mit so vielen wie möglich.
Welche eine Platte würdest du auf die einsame Insel mitnehmen und warum?
Was nützt mir eine Platte, wenn kein Plattenspieler da ist!?
Ich würde auf der einsamen Insel singen und ich würde ein Instrument basteln, aus einer Muschel, einem Baumstamm, einer Darmhaut, einem Knochen…
Was ist neben der Musik noch wichtig in deinem Leben?
Besonders wichtig sind mir natürlich Familie und Freunde.
Ausserdem finde ich kochen mit leckeren Ingredienzen und Spazieren in der grünen Natur ausserordentlich toll. Und es gibt noch vieles mehr, das mich interessiert, Themen aus Philosophie, Geschichte, Kunst, Natur, Politik.