Welche*r Musiker*in hat dich am meisten beeinflusst?
Ich habe als Kind mit meinen Eltern viel verschiedene Musik aus den Bereichen Jazz, Klassik, und Pop gehört. Durch meine afrikanischen Wurzeln kam ich auch früh mit Musik aus dem Kontinent in Verbindung. Angélique Kidjo, Youssou N‘Dour und Papa Wemba beeinflussten mich rhythmisch stark und begleiten mich bis heute. Auch mit Hip-Hop habe ich seit meiner Jugend viel Zeit verbracht. Der Flow von A Tribe Called Quest, Mos Def, Talib Kweli und Nas hat mich immer fasziniert und mich anschliessend motiviert, mich mit Spoken-Word auseinanderzusetzen. Als ich dann zum ersten Mal Nina Simone und Ella Fitzgerald hörte, verliebte ich mich sofort in die Weise, wie sie ihre Stimmen beherrschten und sogar als Medium für ihr Statement einsetzten. Die glasklare Richtung und Intention in ihren Stimmen haben mich dann schlussendlich absolut in den Bann des Jazzes gezogen.
Was kannst du mir auf deinem Instrument besser beibringen als alle anderen Lehrer*innen?
Es fällt mir schwer, diese Frage zu beantworten. Was mir jedoch wichtig ist, ist das Finden deiner Stimme. Die Stimme, die sich für dich nach innen richtig anfühlt und die nach aussen strahlt und wirkt. Wir wollen oft so klingen wie andere und das kann eine Motivation sein, aber dies entwickelt nicht die Kraft aus dir selbst. Mein Unterricht wird dich in deiner Persönlichkeit stärken.
Wie hast du singen gelernt?
Meine Mutter hat oft Lieder für Alltagssituationen erfunden, weil sie schnell merkte, dass ich nicht nur gerne Lieder sang, sondern extrem gut auf diese Motivationstechnik ansprach. Als Vierjährige durfte ich einer Kindermusikgruppe beitreten, die Gesang mit Tanz kombinierte. Ich erinnere mich noch genau, wie ich mit dieser Tanzgruppe zum ersten Mal auf der Bühne stand und es kaum abwarten konnte, unsere einstudierten Lieder und Tänze vorzuführen. Dieses wahnsinnige Gefühl der Freude durfte ich in den darauffolgenden Jahren immer wieder erleben, wenn wir Auftritte im Chor hatten. Schon ziemlich bald lernte ich durch diese Gruppe, die zweite Stimme zu jeder Melodie zu finden, im Chor zu singen und meiner Stimme trotz aller Nervosität zu vertrauen.
Wie gehst du vor, wenn du selber einen Song schreibst oder ein Stück komponierst?
Zuerst habe ich eine Textidee oder eine musikalische Inspiration (Melodie, Akkordabfolge oder Rhythmus). Ich versuche dann, dieses Teilchen weiterzuentwickeln, experimentiere mit verschieden musikalischen Tools und finde heraus, was ich mit diesem Stück aussagen will. Dann geht es auch um Erwartungen: das Stück muss nicht grandios werden, sondern zu meinem JETZT passen. Gleichzeitig weiss ich aber auch, dass ein Stück beim ersten Entwurf nicht fertig ist. Musik braucht Zeit. Irgendwann kommt alles zusammen und das Stück «findet mich».
Auf welchem Equipment spielst du heute?
Als Sängerin brauche ich wenig Equipment. Ich finde es aber spannend, mit meiner Loop Station Boss RC 505 zu experimentieren. Für Auftritte ist auch wichtig, dass man sich mit Soundeffekten auskennt und mit seinem eigenen Mikrophon vertraut ist.
Welche persönliche Eigenschaft hat dir beim Üben am meisten geholfen?
Anfangs war es meine Begeisterungsfähigkeit, die mich dazu brachte, die Songs zu üben, um diese Freude zu verspüren. Mit der Zeit kam mein Ehrgeiz hinzu, Stücke so interpretieren zu können, wie ich es wollte. Aber neben dem Ehrgeiz, Passagen eines Songs oder die Technik zu beherrschen, habe ich schnell lernen müssen (oder muss es immer noch), dass Üben Geduld benötigt. Ich brauche Regelmässigkeit und genaue Beobachtungen, um voran zu kommen. Was mich zudem heute sehr gut motiviert, sind Ziele wie eine Probe oder ein Konzert. Diese muss man sich manchmal aber auch selber setzen können.
Was hat dein Instrument, was andere nicht haben?
Niemand auf der Welt kann deine Stimme nachmachen. Im Timbre, in der Expressivität, aber auch in den stimmlichen Entscheidungen, die du bei einer Interpretation eines Songs triffst, ist deine Stimme einzigartig. Dies ist bei keinem anderen Instrument dermassen ausgeprägt.
Worauf achtest du dich besonders beim Unterrichten?
Ich will dich als Person wahrnehmen und auf diesen Eindrücken meinen Unterricht aufbauen. Dies passiert ziemlich spontan. Deine Person gibt mir dann Ideen, mit welchen Mitteln ich dich weiterbringen kann.
Wie baust du deine Musikstunden auf?
Wir beginnen mit Körperübungen und wecken dann den Gesangsapparat auf. Je nach deiner Tagesverfassung singen wir ein Stück, arbeiten an einem Text, hören uns gemeinsam Songs an oder arbeiten an deiner Gesangs- oder Scattechnik. Immer experimentieren wir mit der Stimme und ihren Möglichkeiten.
Hast du Interesse an Harmonielehre, dann erweitere ich basierend auf deinem Kenntnisstand dein Musikverständnis systematisch und mache mit dir anschliessend praktische Anwendungsübungen wie z.B. das Transponieren in andere Tonarten oder Hörübungen.
Wie gehst du bei Kindern vor?
Zuerst versuche ich die Kinder für mich zu gewinnen und dann müssen Freude und der spielerische Zugang im Zentrum des Unterrichts stehen. Durch jahrelange Erfahrungen als Babysitterin, Tanz- und Nachhilfelehrerin habe ich mir viele Strategien mit Kindern angeeignet. Kinder können motiviert werden, indem sie z.B. Geschichten spielen, Tierstimmen nachahmen oder zusammen mit mir auf Entdeckungsreise gehen. Gleichzeitig wollen Kinder als Persönlichkeiten wahrgenommen und ernst genommen werden. Dies versuche ich, indem ich auf ihre individuellen Bedürfnisse eingehe.
Was war bis anhin dein tollstes Erlebnis als Musikerin?
Musik zu komponieren ist für mich sehr intim. Ich verarbeite Themen, die mich beschäftigen und versuche, sie in Musik umzuwandeln. Irgendwann bin ich dann so weit, dass ich meine Ideen oder Kompositionen mit anderen Musiker*innen teile. Der Augenblick, in dem sie meine Musik nicht nur spielen, sondern spüren, ist für mich immer wahnsinnig bewegend.
Welches war die grösste Bühne, auf der du gespielt hast?
Die Bühne im Club Knox an der Musikhochschule Luzern ist zwar nicht gross, aber es fühlte sich schon sehr bedeutsam an, den sechs Bundesräten der Schweiz im Oktober 2021 eines meiner Stücke alleine präsentieren zu dürfen.
Mit welcher*welchem Musiker*in würdest du gerne einmal spielen?
Für die Erweiterung meiner musikalischen Fähigkeiten wäre es phantastisch, mit der südafrikanischen Musikerin Thandi Ntuli zu spielen. Da Thandi ihre Kunst als Jazzpianistin, Sängerin, Komponistin und Produzentin ausübt, könnte ich in all diesen Bereichen durch ein Zusammenspiel von ihr lernen. Aus ihrer Musik schöpfe ich Energie, Hoffnung und Wärme und auch ihre Art, die Stimme als Instrument oder als politisches Spoken Word-Medium homogen in die Musik einzubetten, inspiriert mich.
Welche eine Platte würdest du auf die einsame Insel mitnehmen?
„The Lagos Music Salon“ von Somi. Ich liebe Concept-Alben, die über das ganze Album eine Geschichte erzählen. Nicht nur wie Somi singt, sich ausdrückt und welche Themen sie auf dem Album behandelt, sondern auch, wie sie Jazz und elektronische mit afrikanisch traditionellen Musikanteilen vermischt und in extrem tolle Songformen und -arrangements umwandelt, finde ich wahnsinnig stark und lebhaft. Für fast jede Stimmung finde ich auf diesem Album mindestens ein Stück, das mich anspricht und schlussendlich mit dem Gefühl, verstanden zu werden, zurücklässt. Ich habe das Album bereits sooo oft gehört und finde immer wieder neue Stellen, die mich in Somis Bann ziehen.
Auf welcher Bühne würdest du am liebsten spielen oder spielst du am liebsten?
Auf einer kreisförmigen Bühne, auf der ich mich in allen Richtungen zum Publikum bewegen kann.
Was ist neben der Musik noch wichtig in deinem Leben?
Ganz vieles. Die Beziehungen zu meiner Familie und meinen Freund*Innen schätze ich sehr und pflege sie auch dementsprechend gerne. Im Allgemeinen sind mir Begegnungen wichtig; sei es mit Menschen, anderen Umgebungen oder Kulturen. Ich tanze gerne, mache unterschiedlich lange Spaziergänge und gehe regelmässig Schwimmen. Auch probiere ich gerne mal neue Rezepte für mich oder einen sorgfältig ausgesuchten Kreis aus.